Antreiber gab’s und gibt’s immer noch. Wünschenswert wäre in der Führung mehr der Motivator, mehr noch der Hoffnungsträger; insbesondere im Zeichen der andauernden Krise! Leider Fehlanzeige! In erster Linie zählen immer noch Zahlen, Zahlen, Zahlen. Was aber zeichnet sich am Horizont des Wirtschaftslebens ab, wenn wir mit Ressourcenknappheit, steigender Inflation, mangelnder Auftragslage täglich aufs Neue umgehen lernen müssen? Wider jeden gesunden Menschenverstand werden Leute entlassen. Welchen neuen Aufgaben also sehen sich Führungskräfte gegenüber?
Hoffnungsträger: Krise als Chance begreifen lernen
Jeder erfahrene Segler hat seinen Kompass, den Himmel wie auch den aktuellen Wetterbericht im Blick. Zieht ein „Wetter“ auf, muss der Kurs zum Ziel überdacht, ggf. maßvoll geändert werden. Hektische Manöver bringen nichts. Frevelhaft wäre es sogar, einen Teil der Crew über Bord gehen zu lassen. Ruhe bewahren, die nervös werdende Crew beruhigen und zeigen, dass der Kapitän, der Skipper mit seiner Expertise Hoffnungsträger ist. Nach dem Sturm kommen wieder eine Flaute oder im günstigen Falle die beliebten Windstärken 4 bis 6. So ähnlich ist es derzeit im Geschäftsleben. Ziemlich stürmisch draußen. Was ist zu tun, ohne hektisch, kopflos, übereilt einen Teil der Crew „freizusetzen“? Im Sturm bewährt sich die talentierte Führungskraft. Kommunikation ist wichtiger denn je. Kommunikation mit den nächsthöheren Führungsebenen genauso wie mit der Crew, für deren Boot man/frau verantwortlich ist. Change hat eingesetzt, möglicherweise viel früher als geplant, viel unerwarteter als gewünscht. Es empfiehlt sich, diesen meist ungewollten Change beherzt, gepaart mit viel Optimismus in sein eigenes Können anzugehen.
Chance bedeutet Hoffnung: Führungskraft als Hoffnungsträger
In dieser undurchsichtigen, schwer zu kalkulierenden Zeit ist Missmut, Pessimismus, gar Depression / Burnout auf dem Vormarsch in den Unternehmen. Wie ein Gift verbreitet sich die vielleicht verständliche Gemütshaltung aller Beschäftigten. Medien funken auf allen Kanälen, dass dies einen Großteil der Wirtschaft erfasst habe, und Hoffnungslosigkeit überall in der Gesellschaft wahrgenommen werde. Kein Wunder also, wenn die Kommunikation in vielen Unternehmen den Alarmzustand ausruft. Keiner entkommt diesem Szenario, lässt sich doch auch an Unternehmensdaten festmachen, dass Umsätze wegbrechen, dass Kosten explodieren, Gewinne sich hier und da in Luft auflösen.
An dieser Stelle wird der Sonntagssegler zum erprobten Sturmsegler. Zuversicht, Hoffnung, gepaart mit unmissverständlicher Klarheit für ein Sturmkonzept sind angezeigt, um die Crew bei Laune zu halten. Eine Entlassungswelle aus kurzfristig verständlichen Zwängen heraus, Gehalts-/Gratifikationskürzungen „auf Teufel komm raus“ werden möglicherweise von der Belegschaft kognitiv verstanden, aber als Herabwürdigung ihrer Leistung für das Unternehmen abgespeichert. Das bringt Enttäuschung, Frust und führt zur inneren Loslösung vom Unternehmen. Hier ist also große Umsicht vonnöten, um den ohnehin schon offensichtlichen Schaden durch die Krise nicht unnötig zu vergrößern. Fatal entwickelt sich das Szenario, wenn sich Gerüchte breitmachen, dass die Firmenlenker, Führungskräfte sich selbst ihre Gehälter durch Boni ordentlich aufbessern, vollkommen im Gegensatz zu den als unumgehbar dargestellten Kürzungen bei den Beschäftigten. Hoffnung heißt für die Führungskraft, untereinander und mit der Belegschaft zusammenzurücken, ein wahrnehmbares Verständnis für die Krise im Bereich des Unternehmens zu zeigen und aktiv Hoffnung zu „predigen“. Wie beim Einzug in die olympische Arena trägt die Führungskraft die Standarte der Mannschaft voraus. Darauf steht: Hoffnung!
Hoffnungsträger sein will gelernt sein: Durchbruch beim Change!
So durchdringend wie das Gift der Hoffnungslosigkeit, in allen seinen Ausprägungen, auf die Psyche des Menschen wirkt, so wichtig ist gemeinsam gelebte Hoffnung. Change wird nur gelingen, wenn insbesondere die Führungsmannschaft sich auf die guten Produkte, Dienstleistungen, des Unternehmens und ihre Erfolge im Markt besinnt, also als Hoffnungsträger auftritt. Investieren ist nun in der Krise angezeigt. Investieren in „Human Capital“, ein schrecklicher Begriff, der wirtschaftlich aber Sinn ergibt. Jeder einzelne Mitarbeiter ist Kapital des Unternehmens. Er gehört gewissermaßen zum Anlagevermögen. Mitarbeiterinnen und selbstverständlich auch die Führungskräfte vom „Boss bis zur Teamleiterin“ sind eingeladen, sich gegebenenfalls Cheerleader von außen zu holen, wenn die resilienten Kräfte im eigenen Unternehmen nicht genügend Potenzial für neue Hoffnung freisetzen.
Es geht einerseits um die Vermittlung des Gemeinschaftsgefühls – Menschen sind keine Einzelgänger. Mitarbeiter verbringen mindestens ein Drittel ihres Tages im Unternehmen und wollen sich hier wohlfühlen, quasi zu Hause. Ferner wollen die Quellen Motivation und Innovation mit neuem positiven Geist befeuert werden. Motivation fängt bei sich selbst, bei jeder Einzelnen an und gehört täglich neu trainiert. Insbesondere in Zeiten, in denen „uns“ nicht unbedingt nach einer Art „Frohlocken“ zumute ist. Selbstmotivation kann der Ungeübte, zumal wenn er in einer Krise ist, leicht lernen. Eine sich selbst motivierende und -motivierte Person kann positiv infizierend auf die nähere Umgebung wirken. Der Chef, der mit hochgezogenen Schultern, „Dackelfalte“ auf der Stirn, grummelnd durch den Betrieb läuft, signalisiert nonverbal: „Helft mir, ich fühle mich einsam und hilflos“. Dazu braucht es keine Worte. Der geübte Blick hat das sofort auf dem Schirm. Diejenige aber, die Mut und Hoffnung, ehrlich und für die Krisensituation jederzeit verständnisvoll, ins Unternehmen injizieren kann, wird vielleicht ungewohnte Kräfte freisetzen, die zu nachhaltigem, verstärkten „Change for the better“ führen wird. So gelingt es, Hoffnung als neues Lebenselixier auf alle Beteiligten zu übertragen.
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Über den Autor
Georg-W. Moeller ist Führungskräftecoach und Spezialist für Unternehmernachfolge. Seine Website: gwm coaching plus: Motivationscamp