„Ehrlich währt am längsten“. So haben wir´s von den Altvorderen gelernt. Da ist der antisemitisch abgefasste Zettel in des Knaben Schulranzen, der da irgendwie hineingekommen sein muss, ohne dass der verdächtigte Verfasser auch nur die leiseste Ahnung von dessen Ursprung hat. Da steht an anderer Stelle ein Verdacht im Raum, die erstklassig bewertete Dissertation zum Verleihen der Doktorwürde mit fremden Federn geschmückt zu haben. Mal ehrlich: Hat nicht jeder von uns seine ganz private, noch so kleine Lebenslüge aus grauer Vorzeit, die er/sie sorgsam hütet oder gar längst vergessen hat?
Die Lüge, das Flunkern, die Unwahrheit aus heiterem Himmel
Wie kommt es zu spontanen Äußerungen, Rechtfertigungen, Erklärungen von uns Menschen, die wider besseres Wissen beim ertappt werden eines möglichen Vergehens ohne Sinn und Verstand herausposaunt werden? Die meisten zumindest kleinen Lügen (nennen wir sie mal abgeschwächt Flunkereien), entstehen ohne langes Nachdenken. Der offenbar Schuldige spürt, wie ihm oder ihr das Blut in den Adern gerinnt, ein Hauch von Ohnmacht, Scham, Verzweiflung macht sich in Windeseile breit. Es gibt eben in diesem Moment des entlarvt werdens keine Vorbereitung für ein Geständnis oder eine plausible Erklärung für die offensichtlich vollzogene Tat. Es passiert eben in den meisten Fällen „einfach so“.
Da ist sie nun rausgerutscht, -die Lüge-. Wir sind in diesem Moment offen-kundig nicht fähig, uns sofort zu korrigieren. Die Lüge bleibt bestehen. Merkwürdigerweise lernen wir allzu oft, mit dieser erfundenen Wahrheit leben zu lernen. Wir integrieren sie in unser Mindset. Da ist die Lüge nunmehr geparkt. Im Stillen hoffen wir, dass die integrierte Lüge tatsächlich den Wahrheitscharacter auf Dauer einnimmt. Was für ein Irrtum!
Lügen haben kurze Beine
Auch das haben wir von unseren Altvorderen gelernt und als Glaubenssatz in unser Mindset integriert. Welchen inneren Konflikt tragen wir mit uns aus? Wir wissen, oder besser glauben zu wissen, dass wir mit der ausgesprochenen Lüge nicht weit kommen werden. Und doch treten wir höchst selten bei bestem Wissen aus unserer misslichen Situation heraus, treten vor denjenigen, den wir belogen haben und gestehen unser Fehlverhalten. Nein, wir denken, dass wir mit der nunmehr ausgesprochenen Lüge „durchkommen“ und verschlimmern die Situation und verstärken den Wert der Lüge. So sehen wir das immer wieder, jüngst bei einem bayerischen Politiker, der sich durch die Medien entlarvt sieht und zunächst einmal den Ahnungslosen mimt. Wie töricht ist das denn? Ein Politprofi muss oder sollte wissen, dass insbesondere in Wahlkampfphasen die sich zur Wahl stellenden Menschen stets bei der etablierten Presse besonderes Interesse wachrufen. Da poppt quasi die längst „vergessene“ Lüge ans Tageslicht und ist brandaktuell.
Ehrlich währt am längsten: der Lüge die Wucht nehmen
Im angesprochenen Falle geht es um eine Jugendsünde, schon alleine durch den Schutz des damals noch Minderjährigen. Vielleicht war seinerzeit durch gewisse Strömungen der Lügner von heute im Bereich des rechten politischen Flügels unterwegs. Kann sein! Das Auffinden eines rechtsradikal abgefassten Flugblattes im Schulranzen des damals Jugendlichen ist sicherlich aus heutiger Sicht peinlich und lässt Fragen an den heutigen Politiker zu. Annähernd vierzig Jahre später hat zumindest in der überschaubaren Vergangenheit der lügende Politiker bewiesen, dass er in keiner Form irgendwelche antisemitischen, rechts-radikalen Positionen bezogen hat.
Das fatale Szenario ist nunmehr am Ende nicht die Lüge, von dem Flugblatt in seinem Schulranzen nichts gewusst zu haben, sondern das fortwährende Lavieren um die Wahrheit. Der Politiker zeigt also in keiner Weise Einsicht auf sein Fehlverhalten, sondern geht mit fadenscheinigen Argumenten in den Angriffsmodus über. Er bezichtigt die Presse als Hexenjäger, wie auch ein namhafter amerikanischer Politiker, wenn er in der Defensive ist. Am Ende geht es gar nicht mehr um das eigentliche Corpus delicti, das Flugblatt, sondern um das sich immer tiefer Hineinmanövrieren in den Lügensumpf. Die Lüge per se macht den Lügner kopfscheu. Die wachen Sinne scheinen wie abgestellt. Anstelle hier aufrichtig zu bekennen, dass er selbst Reue zeige für seine Verfehlungen von damals, er aus der Erinnerung heraus nur bekennen kann, dass diese Strömung an seiner Schule zu jener Zeit „hipp“ war, sich aber heute nachdrücklich von seinem damaligen Verhalten distanziere, treibt er seine Demontage als Politiker voran.
Was nehmen wir mit?
Die im Text erwähnten Glaubenssätze „ehrlich währt am längsten“ und „Lügen haben kurze Beine“ haben schon eindeutig mehr Gewicht als nur alleine die Kraft des Glaubens. Wenn wir als Menschen uns für fehlbar erkennen und auch gestehen, dass wir immer wieder mal im Leben die Unwahrheit, sprich Lüge, äußern, braucht es nur noch den Mut, zur Lüge zu stehen, dem Belogenen gegenüber zu treten und ohne langes Rumreden um Entschuldigung zu bitten. Dann nehmen wir jedweder Lüge die Wucht!
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Autor: Georg W. Moeller: www.motivationscamp.de