Covid 19 beherrscht unser Erleben nun seit Monaten. Auch wenn sich jetzt die Lage zu entspannen scheint, Entwarnung ist noch nicht angesagt. Cool bleiben ist daher die Devise. Leichter gesagt als getan, auch für Unternehmer oder Unternehmerinnen, die allmählich an die Übergabe ihres wertvollen Unternehmens in jüngere Hände denken sollten.
Unternehmensnachfolge hat mit Abschied zu tun
30, nicht selten 40 Jahre sind seither vergangen, dass UnternehmerInnen bienenfleißig und mit teils großem Erfolg ihr Unternehmen geführt haben. UnternehmerInnen können sich nur schwer aus ihrem Betrieb wegdenken, sich an den Abschied von ihrem Unternehmen alters-bedingt gewöhnen. Ohne den Motor, die innovative, ambitionierte Führungspersönlichkeit kann doch die wie geschmiert funktionierende Maschinerie gar nicht laufen.
Erfahrungsgemäß fällt der Gedanke an eine Unternehmensnachfolge auch den hartgesottensten Machern schwer. Das Loslassen will akzeptiert werden. Es braucht Zeit. Man kann diese Lebensphase drehen und wenden wie man will: Die Unternehmensnachfolge hat etwas mit dem Älterwerden, dem schwächer werden, sogar mit der Fokussierung auf die letzte Lebensphase zu tun. Das tut weh und fällt nicht leicht. Dennoch ist kluges und rechtzeitiges Planen von Nöten, wie ein Generationenwechsel erfolgreich initiiert werden kann.
Unternehmensnachfolge beginnt mit Gründung des Unternehmens
Wie das denn? Wer nach der Maxime ein Unternehmen führt, selbst und ständig für alle Geschicke verantwortlich zu sein, ist mutig, mit zunehmendem Alter wagemutig. Spätestens ab dem 60igsten Lebensjahr dann sogar übermütig. Gedanken an einen unvorhergesehenen, zeitlich befristeten oder dauerhaften Ausfall der Führungspersönlichkeit werden allzu oft als höchstunwahrscheinlich und nicht eintreffend beiseite gewischt.
Ein Managementtestament ist jedem verantwortungsvoll handelnden Unternehmer anempfohlen, um das Unternehmen für alle Fälle abzusichern. Schließlich liegt dem Entrepreneur sein „Baby“ sehr am Herzen. Berater, Banken, Rechtsanwälte, aber auch die eigene Familie sind in diese Überlegungen mit einzubeziehen. Damit ein Managementtestament auch auf stabilen Füßen stehen kann, ist die Schriftform unbedingt geraten. Details sind wichtig wie: Langzeitstrategie, Handlungsvollmachten, Passwörter, Listen mit Bankkonten, Schließfächern und vorsorgliche Anweisungen an Vertrauenspersonen. So kann dann auch die Unternehmensnachfolge beizeiten geplant und eingeleitet werden, so ist dann doch für alle Fälle vorgesorgt.
Unternehmensnachfolge: Gehen, wenn´s am schönsten ist!
Zwischen drei und fünf Jahren im Schnitt dauert der Prozess des Abgebens und der Neuausrichtung auf den nächsten Lebensabschnitt. Eine anstehende Unternehmensnachfolge ist ein sich entwickelnder Prozess. Im Alter von Mitte bis Ende des fünften Lebensjahrzehnts können durchaus die ersten intensiven Gedanken entwickelt werden, wer beispielsweise von möglichen Söhnen und Töchtern Lust, Talent und Ambition zeigen könnte, die Nachfolge eines Tages antreten zu wollen. Gespräche mit dem Lebenspartner zu diesen vielleicht noch unreifen Überlegungen signalisieren auch im Kreise der Familie, dass der Unternehmer bzw. die Unternehmerin erste Zeichen für einen anstehenden Generationenwechsel sendet. Das bewahrt die Familie vor unnötigen, übereilten Handlungszwängen.
Es muss wirklich nicht unbedingt ein erhobener Zeigefinger des Arztes oder gar eine ernste Krankheit sein, die zum Übergeben auffordert. Viel ungezwungener, freier, lässt sich der Akt der Unternehmensnachfolge einleiten, wenn der Unternehmer selbstständig ein Team aus Lebenspartner (in), Coach als Sparringpartner, Unternehmensberater und Steuerberater/WP bildet. Strikte Vertraulichkeit über dieses Gremium hinaus sollte für alle Begleiter des Unternehmers Ehrensache und somit selbstverständlich sein. Erste Sondierungsgespräche sollten nicht unter selbst inszeniertem Zeitdruck geführt werden. Gut Ding will Weile. Vielleicht kann ja in diesem Stadium die Unternehmerin schon einen ungefähren Ausblick auf den Zeitpunkt der Unternehmensnachfolge geben.
Unternehmensnachfolge: Nichts für zarte Seelen
Der Unternehmer fühlt spätestens zu diesem Zeitpunkt, was seine kognitiv getroffene Planung mit seinem Gemüt macht. Es geht um nicht Minderes als das Akzeptieren und Durchleben des Loslassens. Loslassen von Gestaltungswille, Handlungspotenzial, Macht, Einfluss im Betrieb und der Gesellschaft. Loslassen hat aber auch mit Verlust und Aufgabe zu tun. Zu dem paart sich hinzu die große Ungewissheit, wie dieser stets aktive Mensch sein Leben nach Aufgabe des Unternehmens neu strukturieren und mit Leben füllen kann. Die Unternehmensnachfolge hat auch immer ungeschminkt etwas mit der Konfrontation der eigenen Endlichkeit zu tun.
Warum beschreibt der Verfasser diese Phase der Unternehmensnachfolge, bzw. der Neuorientierung des Unternehmens derart klar? Die Erfahrung lehrt, dass der Generationenwechsel exakt aus diesen Zwängen und Ängsten heraus oft zu lang bis sträflich lang hinausgezögert wird. Eine substanzielle Anzahl von Unternehmern versucht immer wieder, diese Phase alleine mit sich auszumachen. „Es wäre doch gelacht, wenn ich da nicht selbst durchkomme“ so Dr. K-P. von E. vor geraumer Zeit, um sich die Kosten eines Coaches zu sparen. Wertvolle, ungenutzte Zeit, unnötige „graue Haare“ und die vermeidbaren Wechselbäder hätte der an sich entscheidungsstarke Mensch einsparen können, wenn er nicht beharrlich durch dieses Tal der Tränen gegangen wäre. Am Ende konnte dann doch noch ein Coaching die verfahrene Situation korrigieren helfen.
Step by Step durch den Prozess der Unternehmensnachfolge
Hat der Unternehmer diesen ersten harten Schritt des Loslassens gesetzt und sein Übergabeteam gebildet, lässt sich schrittweise ein Zeit- und Aktionsplan mit dem Sparringpartner, dem Berater, dem Steuerberater erarbeiten. Wird eines der Kinder aus dem Unternehmerhaushalt den Betrieb übernehmen wollen oder lässt sich ein talentierter Prokurist des Betriebes ggf. als Nachfolger einarbeiten? Es gilt den Betrieb betriebswirtschaftlich für die Unternehmensnachfolge „sexy“ zu gestalten, mögliche Investitionsstaus sind sukzessive abzubauen. Keinesfalls sollte der Unternehmer in dieser Phase sich der Illusion hingeben, dass der Status Quo erhalten bleiben kann, um mögliche Investitionskosten lieber dem privaten Konto als Guthaben zuzuführen.
Diese Attitüde „das tut´s doch noch bis zu meinem Ausscheiden“ schlägt erbarmungslos negativ auf den zu errechnenden Verkaufspreis durch. Sicherlich budgetsicher und den Blick auf die Wirtschaftlichkeit immer präsent, so ist es wichtig, nicht nur die letzten fünf Jahre für eine Verkaufspreisforderung heranzuziehen, sondern eine verlässliche Prognose auf die nächsten fünf Jahre mit in diese Kalkulation einzurechnen. Das ist deshalb von kolossaler Bedeutung, weil ein möglicher Übernahmekandidat nachvollziehen will, ob ein näheres Interesse am Unternehmen auch wirklich lohnt. In dieser Phase beginnt die Suche nach einem Übernahmekandidaten. Möglichst durch eine(n) neutrale(n) Fachmann/frau. Zwar ist es außer-ordentlich wichtig, einen Übernehmer auf seine integre, wirtschaftlich unabhängige, fachlich versierte Expertise zu überprüfen. Genauso entscheidend ist aber auch die Prüfung, ob der „Junior“ bzw. die „Juniorin“ auch emotional zum Senior / zur Seniorin taugen kann. Es hilft nichts, jemanden mit erstklassigem Renommée einzukaufen, wenn die Chemie nicht stimmt. Schließlich will der Unternehmer sein Lebenswerk der Kandidatin / dem Kandidaten seines Vertrauens übergeben.
Unternehmensnachfolge vor dem erfolgreichen Abschluss
Parallel zur Kandidatensuche diskutieren die Teammitglieder des Unternehmers steuerrechtliche, vertragsrelevante Fragen, ebenso Lösungen, wie ein zufließender Verkaufserlös ideal investiert werden kann. Finanzexperten sind an dieser Stelle sicherlich unter dem Aspekt des Unternehmerwunsches in Marsch zu setzen. Spätestens während die Experten ihre spezifischen Aufgaben verrichten, erarbeitet der Sparringpartner – in Person eines Coaches oder Beraters – möglichst in Zusammenarbeit mit Unternehmer und dessen Lebenspartner(in) den Plan für die Zeit des Unternehmers nach Abschluss der Unternehmensnachfolge.
Welche teils über Jahrzehnte unterdrückten, nicht gelebten Träume, Sehnsüchte, Pläne können dem Unternehmer die letzte Klarheit, den letzten entscheidenden „Schubs“ geben, sein Unternehmen loszulassen und sich auf eine neue, sinnerfüllte Zukunft zu freuen? Die Zeit ist reif für die Übergabe. Der Kandidat ist engagiert, der Vertrag unterschrieben, das Übergabeprozedere vereinbart. In einem letzten Schritt – und erst jetzt – informiert der Unternehmer seine Belegschaft und stellt den Nachfolger vor. Diese lang währende Diskretion ist wichtig, um Gerüchte und daraus resultierende Unsicherheiten in der Mannschaft zu vermeiden. Zeitgleich werden sowohl die Öffentlichkeit, will heißen die Kunden, die Mitbewerber, die Presse von der Unternehmensnachfolge informiert. Mit großer Befriedigung und Neugier auf die Zukunft kann nun der Unternehmer das Ruder seines Bootes übergeben.
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Über den Autor
Georg-W. Moeller ist Führungskräftecoach und Spezialist für Unternehmernachfolge. Seine Website: gwm coaching plus: Motivationscamp